Programm

Forschungsgegenstand

Mit dem Institut wird die Erforschung eines Gegenstandsgebiet seitens der theologischen Fakultät angestrebt, um gemeinsam ein wissenschafts- und praxisrelevantes Thema zum Nutzen der gesamten Universität zu institutionalisieren und zu professionalisieren. Aufgabe des Instituts ist es, Bilder (Bildpraktiken bzw. -techniken) und die Logik und Dynamik von Bildlichkeit eigens zum Gegenstand von Forschung und Lehre zu machen.

Die Erforschung von Bildern und Bildlichkeit eröffnet konkrete Kooperationsmöglichkeiten insbesondere zwischen Kultur- und Naturwissenschaften. In gemeinsamen Forschungs- und Lehrprojekten können Hochschullehrende und Studierende der verschiedensten Fachrichtungen Bildforschung als übergreifendes Thema aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven gemeinsam untersuchen.

 Darüber hinaus findet die Arbeit des Instituts in Form von interdisziplinären Tagungen statt

Die Allgegenwart der Bilder

Bilder sind in den Natur-, Computer-, Medien-, Human- und Kulturwissenschaften zum ›Leitmedium‹ geworden. Das zeigt sich in den bildgebenden Verfahren, den grafischen Oberflächen, den dominierenden AV-Medien sowie der wachsenden Bedeutung von Bildern für die Kulturwissenschaften als Forschungsgegenstand wie Darstellungsmedium.

Die Funktionen der Bilder in den Wissenschaften korrespondieren mit der Allgegenwart von Bildern in den Wirklichkeiten, in denen wir leben. Wir leben mit Bildern, werden von ihnen ›beeindruckt‹ und orientieren uns an ihnen. Medien, Politik, Religion oder Kunst (ge)brauchen Bilder zur Kommunikation, als Instrumente des Erkennens, zur Handlungsmotivation und ‑orientierung und als Medien der Emotionen.

In Weiterführung des linguistic turn wurde von Gottfried Boehm (Basel) 1994 der Begriff des ›iconic turn‹ geprägt. Gemeint ist damit, die den Bildern eigene Logik und Dynamik, ihre ›Bildlogik‹, zum Gegenstand von Bildforschung zu machen. Das kann man als Paradigmenwechsel der Kulturwissenschaften von Text zum Bild verstehen. Es ist jedenfalls eine nachhaltige Horizonterweiterung und eine Wende der Aufmerksamkeit auf Bildlichkeit und Gestus im Unterschied zu Text und Sprache.

Weil Bilder hoch effiziente Medien sind und eine Eigendynamik haben, die nicht restlos zu beherrschen ist, sind sie nicht nur ›Instrumente‹ oder ›Mittel‹, sondern mehr als das. Beide Aspekte, ihre Funktionen als Mittel und ihre überschießende Eigendynamik haben in den letzen 20 Jahren zur Entwicklung der Bildwissenschaft geführt, an die mit der Gründung des Instituts Anschluss gesucht werden soll, um sie in eigener Perspektive weiterzuführen.

Rostocker Perspektiven

Die geistes- und kulturwissenschaftlichen Perspektiven können den Natur- und Technikwissenschaften eine methodische, hermeneutische und semiotische Schärfung der Begriffe und damit ein geschärftes Interpretationsbewusstsein bieten. Umgekehrt diese jenen ein Spektrum von Praxiszusammenhängen und Bildtechniken, an denen sich Begriff und Urteil der Geistes- und Kulturwissenschaften bewähren und entwickeln können.

Mit der Frage nach Formen und Funktionen wie Logik und Dynamik von Bildlichkeit wird eine spezifisch geistes- und kulturwissenschaftliche Fragestellung der Textwissenschaften und Hermeneutik in das interdisziplinäre Feld übertragen. Als theoretischer Hintergrund sind vor allem Hermeneutik, Semiotik, Phänomenologie und Kulturtheorie maßgeblich.

Exemplarische Fragen der Bildwissenschaft in Rostocker Perspektive wären u.a.:

  • Wie verhalten sich Text und Bild zueinander, Lexis und Deixis, Semantik und Pragmatik, ikonische und symbolische Zeichen?
  • Was ändert sich, wenn die Bilder gegenüber Texten dominant werden und wie Texte auch eine nicht restlos beherrschbare Eigendynamik entwickeln?
  • Anders gefragt: Wie ist ein kritischer Begriff von Bildlichkeit zu entwickeln, der die Visualität nicht nur als Phänomen technischer Illustration, politischer Beeindruckung, medialer Unterhaltung oder der ›Entsemantisierung‹ der Diskurse versteht?
  • Hermeneutisch gesagt: Wie erzeugen Bilder Sinn – in den Wissenschaften und in Alltagspraktiken?
  • In welchen Funktionen werden sie wie erzeugt und eingesetzt, mit welchen Folgen?
  • Worin besteht ihre spezifische, ihre unersetzbare Macht und Leistung, im Vergleich zu Text und Sprache?

Um sich diesen Fragen nicht nur mit theologischer Skepsis zu stellen, ist dem Bild gründliche und interdisziplinäre Forschung zu widmen, um einen qualifizierbaren Bildbegriff zu entwickeln.