Prof. Dr. Gert Haendler verstorben

 

 

Gert Haendler zum Gedenken

Am 28. November 2019 ist Gert Haendler, Professor für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Rostock, im Alter von 95 Jahren verstorben. Die Theologische Fakultät, an der er von 1961 bis zu seiner Emeritierung 1989 fast drei Jahrzehnte gelehrt hat, gedenkt seiner in großer Dankbarkeit.

Gert Haendler wurde als Sohn des Praktischen Theologen Otto Haendler am 17. August 1924 in Berlin geboren. Nach dem Schulbesuch in Stralsund, Stettin und und Abitur in Greifswald wurde er zum Dienst in der Wehrmacht eingezogen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges studierte er von 1946 bis 1950 an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald evangelische Theologie. Im November 1950 wurde Haendler mit einer kirchengeschichtlichen Arbeit über „Die Libri Carolini - ein Dokument der fränkischen Frömmigkeit“ promoviert. Kurze Zeit später wechselte er nach Berlin und wurde wissenschaftlicher Assistent bei Walter Elliger an der Humboldt-Universität. 1954 habilitierte er sich dort mit einer Arbeit über „Die fränkischen Gutachten zum byzantinischen Bilderstreit“ und wurde zum Dozenten ernannt. 1960 erhielt Haendler den Ruf auf die kirchengeschichtliche Professur an der Martin-Luther-Universität von Halle-Wittenberg, wechselte aber bereits ein Jahr später 1961 auf den Lehrstuhl für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Rostock. Hier wirkte er bis zu seiner Emeritierung im Spätsommer 1989 als geschätzter Kollege, geachteter Dekan und beliebter Lehrer der Kirchengeschichte.

Gert Haendler hatte die besondere Gabe, in seinen Lehrveranstaltungen komplizierte Sachverhalte lebendig und anschaulich zu erklären. Mit seiner offenen und freundlichen Art weckte er bei den Studierenden Interesse für kirchengeschichtliche Themen und Fragestellungen. In seinem langjährigen akademischen Wirken hat Gert Haendler ein umfassendes und anerkanntes wissenschaftliches Œuvre vorgelegt. Die Schwerpunkte seiner Arbeit waren die Geschichte der lateinischen Patristik und des Mittelalters. Sie haben ihren bleibenden Niederschlag gefunden in der „Geschichte des Frühmittelalters und der Germanenmission” (1976) sowie in dem mehrbändigen Lehrbuch “Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen”. Haendler hatte dieses umfassende Werk bei der Evangelischen Verlagsanstalt angeregt, als der Zugang zu wissenschaftlicher theologischer Literatur in der DDR immer schwieriger wurde. Er selbst hat für diese Reihe, die er bis zu ihrem Abschluss im Jahre 2012 als Mitherausgeber betreut hat, vier grundlegende Beiträge geliefert, in denen er 900 Jahre lateinischer Kirchengeschiche von Tertullian bis zu Papst Gregor VII. lebendig und quellennah entfaltet. Weitere Untersuchungen hat Haendler zur Geschichte des Papsttums in dem Aufsatzband “Die Rolle des Papsttums in der Kirchengeschichte bis 1200" (1993) veröffentlicht. Einem weiten Leserkreis wurde Gert Haendler bekannt durch seine mehr als 700 Rezensionen, die er bis in die letzten Lebensjahre für die Theologische Literaturzeitung verfasst hat.

Seit seiner Berufung nach Rostock hat sich Gert Haendler mit großem Engagement für den Austausch und das Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen der Theologischen Fakultäten in den nordeuropäischen Ländern eingesetzt. Er gehört zu den Gründungsvätern der Baltischen Theologenkonferenzen. Desgleichen hat er an bei der Gründungsversammlung des Theologischen Arbeitskreises für reformationsgeschichtliche Forschung (TARF), der nordeuropäische und deutsche Forscher zusammenführte, mitgewirkt. Auch wissenschaftlich hat er sich mit der skandinavischen Kirchengeschichte beschäftigt. Davon zeugen der Aufsatz „Die Anfänge der Mission in Skandinavien” (1965) und die Monographie „Schwedisch-deutsche Kirchenbeziehungen 1901-1936" (1975), die sein großes Interesse an der Geschichte der Kirche im Ostseeraum zeigen. Die Anerkennung und Wertschätzung, die ihm dafür in Skandinavien und Finnland zuteil geworden ist, kommt in den beiden Ehrenpromotionen der Universitäten Helsinki / Finnland (1980) und Uppsala / Schweden (1991) zum Ausdruck.

Zu Ehren von Gert Haendler hat die Theologische Fakultät Rostock zwei Festschriften veröffentlich. Zu seinem 75. Geburtstag ist in der Evangelischen Verlagsanstalt die Festschrift “Kirchliche Verbindungen über die Ostsee hinweg in Geschichte und Gegenwart” (Leipzig 1999) erschienen. Zum seinem 80. Geburtstag wurde die Festschrift „Die Theologische Fakultät Rostock unter zwei Diktaturen“ (Münster 2004) herausgegeben. Die Theologische Fakultät der Universität gedenkt Gert Haendlers in großer Dankbarkeit.

 

Für die Theologische Fakultät Rostock

Prof. Dr. Heinrich Holze


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